Auf der Seite über die Delfintherapie im April 2018 berichte ich über die sogenannten Ja/Nein Karten. Da diese Karten im Alltag so hilfreich für uns sind habe ich beschlossen diesem Thema einen Blogbeitrag zu widmen:
Als wir mit den furchtbaren Prognosen für Theas Zukunft nach der Diagnose der Hirnblutung konfrontiert wurden wusste ich nicht genau was auf mich zukommen würde…von alle Seiten prasselten die schlimmsten Aussagen über Theas und somit auch unsere Zukunft auf uns ein u.a. „Thea wird nie aktiv mit ihrer Außenwelt in Kontakt treten geschweige denn sinnvoll kommunizieren können“
Dass sie einen eigenen Willen hat und sehr wohl mit uns in Kontakt treten konnte zeigte uns Thea recht zügig…sie verlangte nach Milch oder weinte wenn ihr etwas nicht gefiel – wie jedes Baby!
Durch die BNS-Epilepsie entwickelte sie sich jedoch nicht weiter, sogar verlor sie erlernte Fähigkeiten und auch das reaktive Lächeln ließ auf sich warten…
Während der sehr belastenden hochdosierten Cortisontherapie (gegen die BNS-Epilepsie) zeigte sie mir aber eindeutig dass ihr das nicht gefällt – sie hielt es tagsüber nur auf meinem Schoß in einer speziellen Lage auf meinen Oberschenkeln aus – nicht zu nah, aber auch nicht zu weit weg von mir!
Die Therapie ging irgendwie vorüber und Thea wurde wieder mehr sie selbst – nur auf ihr Lachen mussten wir noch warten: im September 2014 bei unserem ersten Disneyland Paris Besuch durften wir ihr jauchzendes Lachen endlich hören und ihre Freude sehen. Deshalb bedeutet uns dieser Ort so viel – wir verbinden es mit leuchtenden Kinderaugen und fröhlichem Lachen!
Die Zeit verging und Thea machte in der Kommunikation nur langsam Fortschritte. Dank der Reittherapie lernte sie „ja“ zu sagen und ich hatte immer den Eindruck: Thea versteht alles, aber sie konnte sich verbal nicht altersgerecht äußern. Das ließ viele Mitmenschen schnell darauf schließen, dass sie schwer geistig behindert ist und nicht versteht, was man ihr sagt. Einzig und allein wenn sie mich im Umgang mit ihr beobachteten hörte ich oft den verblüfften Satz „Die Kleine versteht ja doch einiges, oder?“
Beim Erstgespräch der delfingestützen Therapie auf Curaçao formulierten wir Eltern eine vorsichtige Erwartung bei der Besprechung der Therapieziele: es wäre schön wenn Thea sich gezielter ausdrücken könnte!
Die Therapeuten führten sofort das übliche Tool im CDTC (Curaçao Dolphin Therapy Center) zur ersten Kommunikation ein – Bildkarten! Zum einen die Ja/Nein-Karten (grüner lachender Smiley/roter trauriger Smiley) und zum anderen Bildkarten zum Tagesablauf! Thea tat sich erstmal noch etwas schwer mit der Motorik, deshalb beobachteten die Therapeuten ihre Blickrichtung. Schon bald nutzte sie aber ihre rechte Hand um auf die jeweilige Karte zu patschen!
Bereits in der ersten Woche bat ich um Kopien der Karten und fing an sie im Alltag zu nutzen. Zunächst konnte ich gar nicht richtig glauben wie gut das funktioniert…deshalb überprüfte ich jedesmal ob Thea mich wirklich verstanden hatte und drehte die Frage um. Zuerst fragte ich zum Beispiel: Möchtest Du noch etwas trinken? – Thea deutete auf die rote Karte. Dann fragte ich: Du bist also fertig mit Trinken? – Thea deutete auf die grüne Karte. Nach einiger Zeit war ich mir sicher: Thea versteht alles was ich mit ihr spreche und kann auch adäquat antworten.
Ich war verblüfft wie falsch ich Thea häufig einschätzte. So zeigte sie mir oft, dass sie beim Essen gern einen Nachschlag oder einen Nachtisch hätte – davor hätte ich immer gedacht sie sei fertig und beendete die Mahlzeit. Von wegen ich kenne mein Kind durch und durch und kann es einschätzen.
Allerdings kommen wir auch an Grenzen. Manchmal macht Thea durch lautieren deutlich, dass sie gern etwas sagen möchte! Dann geht das lustige Fragespiel los: Möchtest Du etwas trinken? – Nein. Hast Du Hunger? – Nein. Bist Du müde? – Nein? Tut Dir etwas weh? – Nein. usw. Wenn ich Glück habe errate ich irgendwann, was Thea mir sagen möchte…das ganze ist jedoch manchmal recht frustrierend für Thea.
Ein weiterer Nachteil ist die Hemmschwelle die viele im Alltag haben die Karten zu nutzen. Manche nehmen das Hilfsmittel dankbar an und freuen sich endlich ordentlich mit Thea sprechen zu können. Andere trauen sich den Umgang mit den Karten nicht zu. Wieder andere empfinden es zu aufwendig die Karten aus ihrer Tasche am Rollstuhl raus zu holen und zu warten bis sie endlich die Hand bewegt und die Karte erreicht.
Kommunikation ist so essenziell wichtig – wie Paul Watzlawick schon treffend sagte: man kann nicht nicht kommunizieren! Auch Thea sendet viele Botschaften aus. Die Kunst ist es sie richtig zu interpretieren – dafür sind die Ja/Nein-Karten sehr hilfreich und ein echter Segen!